Die Gattung des Streichquartetts gilt nicht ohne Grund als Königsdisziplin der Kammermusik (wie man landauf, landab liest; in diesem Fall ist eine Wiederholung dieses Aperçus jedoch statthaft): In der konzentrierten Besetzung von zwei Violinen, Viola und Violoncello offenbart sich eine außerordentliche klangliche und strukturelle Dichte, die seit der Wiener Klassik, also seit den Werken Haydns, Mozarts und vor allem Beethovens die Komponist*innen aller Epochen zu Höchstleistungen herausgefordert hat.
Und da sind wir auch schon mitten im „Problem“: Gerade weil das Repertoire von einigen überragenden Namen dominiert wird (Beethoven als der Übervater des Streichquartetts, der unübertroffene Meister), bleibt eine Vielzahl großartiger Streichquartette im Schatten – und das völlig zu Unrecht.
Denn abseits des sogenannten Streichquartett-Kanons finden sich Quartette von bemerkenswerter Ausdruckskraft, kompositorischer Raffinesse und durchaus auch von stilistischer Eigenständigkeit.
In dieser dreiteiligen Blogpost-Reihe sollen solche weniger bekannten, aber künstlerisch lohnenden Werke in den Blick genommen werden – Werke, die nur selten auf den Standardspielplänen erscheinen (und wenn überhaupt, dann höchstens als „kuriose“ Beigabe zu einem ansonsten eher typischen Streichquartett-Programm). Ich möchte zeigen, dass diese Werke in keiner ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Genre fehlen sollten.
Dieser erste Teil der Artikelreihe widmet sich drei ausgewählten Kompositionen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die jede auf ihre Weise neue Perspektiven auf die Gattung eröffnen. Von „Referenzaufnahmen“ wird bei diesen Streichquartetten nur bedingt die Rede sein können, da viele der genannten Werke nur selten überhaupt aufgenommen worden sind. Dennoch habe ich mich bemüht, immer eine sehr charakteristische Aufnahme ausfindig zu machen, die im Vergleich andere Aufnahmen in den Schatten stellt.
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